Tag 3
St Anton am Arlberg – Galtür
34 km / 2400 Hm
Der Startschuss heute zur ersten längeren Etappe fällt um 8 Uhr. Das bedeutet für uns: Aufstehen um 5, Frühstück um 5.30 Uhr. Danke an das m3 Hotel in St Anton am Arlberg – wirklich ein mega Service!
Der Appetit wird von Tag zu Tag größer, auch wenn immer ein bisschen Aufregung dabei ist und ich eigentlich nach einer Schüssel Haferflocken schon voll bin. Heute werden wir aber eine Weile unterwegs sein, also muss da mehr in den Bauch passen. Schaffen wir, 2 Semmeln dazu, erste Hürde geschafft.
Pünktlich 1,5 Stunden vor dem Start bringen wir unsere Taschen in die Hotelgarage, dort werden sie abgeholt und nach Galtür weiter transportiert. Wir treffen wie die beiden Tage zuvor die letzten Vorbereitungen. Wichtige Fragen wie: Welchen Saft fülle ich heute in meine Flask? Holunder oder Schwarze Johannisbeere? Spaß beiseite, heute habe ich nach dem gestrigen Energieloch wirklich einen Plan. Am Abend habe ich mich noch mit einem Zettel hingesetzt und notiert und Fehleranalyse betrieben. Heute wird jede halbe Stunde gegessen, egal ob Lust oder nicht.
Aber zurück zum Morgen. Nachdem wir beide noch ein wenig Morgengymnastik betrieben haben, marschieren wir zum Start.
Heute ist die Stimmung eine völlig andere. Ohne es böse zu meinen: Man merkt, dass die Run2 Teilnehmer (sozusagen ein Tar Schnupperrennen auf den ersten 2 Etappen, das jeder bestreiten kann) nicht mehr vor Ort sind und im Vergleich zu den beiden vorigen Tagen ist heute alles völlig entspannt. Aus den Lautsprechern tönt Cat Stevens, es gibt keine Hektik. Es scheint, als wäre die Transalpine Run Familie nun auf den Kern zusammengewachsen. Zudem besteht wahrscheinlich ein gewisser Respekt vor der heutigen Etappe, geht es doch auf den ersten 15 Kilometern gleich einmal 1.500 Höhenmeter aufwärts.
Im ersten Startblock stehen die ersten 100 Teams, wir sind gesamt auf 80 und somit auch dabei. Das bedeutet auch, dass wir heute definitiv keinen Start-Stress haben und es ruhiger angehen können. Wir laufen aus St. Anton hinaus und ich freue mich ganz besonders, denn heute ist kein ‚Mühlviertler-Hügelland-feindlicher‘ Mega-Anstieg, sondern es hat selten mehr als 10% Steigung. Das kommt mir entgegen und überhaupt bin ich heute so richtig guter Dinge, dass wir unseren Rhythmus finden und einen guten Tag haben werden.
Genau so ist es, es läuft hervorragend. Ich denke, dass wir auch als Team immer mehr zusammenwachsen und es heute noch harmonischer läuft. Das Wetter ist übrigens grandios, was für ein riesen Glück! Die Landschaft ist unbeschreiblich schön. Der Kartellstausee bei Kilometer 10 ist das erste Highlight, dann geht’s weiter zur ersten Verpflegung bei der Darmstädter Hütte. Dort gibt es Milchreis – traumhaft!
400 Höhenmeter warten aber noch bergauf bis zum höchsten Punkt auf 2.730 Meter – das Kuchenhöchli. Der letzte Anstieg ist zum Klettern, genau das was wir gerne mögen.
Anschließend geht es gut 900 Höhenmeter abwärts. Ein sehr technischer Downhill, bei dem ich (Florian wäre sicher 5x schneller) heute eher patschert, dafür aber sicher unterwegs bin. Nicht zu unrecht, denn ein Läufer vor uns stürzt leider und verletzt sich schwerer an der Hand (so weit wir das gesehen haben) und muss per Heli abgeholt und versorgt werden. Es sind schon Läufer vor Ort und helfen, wir versichern uns kurz, dass alles passt und laufen weiter abwärts.
Bald schon wartet der nächste Anstieg auf das Schafbichljöchli auf knapp 2.630 Höhenmetern, also nochmal 800 aufwärts. Natürlich ist es anstrengend, wir gehen schließlich nicht spazieren, aber wir sind beide voller Energie, essen und trinken regelmäßig und sind echt dankbar, hier so eine geniale Bergwelt erleben zu dürfen.
Auf der letzten Passage aufwärts merken wir immer mehr, dass wir uns den Tag sehr gut eingeteilt haben, denn wir überholen jetzt einige Teams. Ich persönlich merke, dass ich, je länger die Etappe dauert, sicherer werde, mich immer besser fühle. Der Ultra-Motor ist aktiviert. Auch im zweiten Downhill läuft es schon viel runder, jetzt geht es abwärts zur zweiten Labestation bei Kilometer 27. Was gibt es hier so? Erst einmal die Flasks mit Wasser füllen, denn die Sonne ist mittlerweile sehr stark. Ich sichte Kartoffeln. „Einmal mit Salz, bitte.“ „Quark dazu?“ fragt mich die nette Helferin. „Gerne, und noch ein Stück Mozzarella!“ Florian nimmt das Gleiche. Ja, wir werden hier mitten am Berg kulinarisch verwöhnt.
Jetzt wartet nur noch ein Gegenanstieg auf einer Forststraße mit etwa 100 Höhenmetern. Laufen und gehen im Wechsel, je nachdem wie es sich gerade richtig anfühlt.
Danach folgt der letzte Downhill. 800 Höhenmeter abwärts. 5 k’s to go. Was jetzt kommt ist so richtig lässig. Ein staubiger, erdiger Trail, immer im Zick Zack bergab. Unter den Lawinenverbauungen hindurch, immer mit dem Zielort Galtür im Blick.
Wir sausen abwärts und erreichen nach 6 Stunden und 17 MInuten das Ziel! Was für ein lässiger Tag!
Im Ziel gibt es eine große Schüssel Milchreis mit Kirschen, es wird ein bisschen mit den anderen Teams gequatscht und es ist einfach nett.
Weil der Kreislauf aber trotzdem langsam ein bisschen schlapp macht und das Salz im Gesicht nicht so richtig gut schmeckt, wandern wir noch die letzten 2,5 Kilometer bis in unser Hotel – dem Almhof.
Das beste Bild machen wir an der Rezeption nicht, verdreckt und mit Laufrucksack am Arm…
„Hatten Sie eine gute Anreise?“ fragt die nette Rezeptionistin. „Ja, wir sind hergelaufen, war eine schöne Etappe.“ Wir sind vermutlich zwei ungewöhnliche Gäste.
Nachdem wir hier unsere Berichte getippt und Fotos sortiert haben, wartet noch das tägliche Regenerationsprogramm: Massagepistole, Schokolade, Blackroll, Kaffee, ….
Wir sind echt happy, ich wiederhole mich: Die Etappe hätte nicht schöner sein können. Wir sind müde und freuen uns schon auf den morgigen Tag, dann geht es nach Klosters in die Schweiz. Es wird der erste Marathon mit 42,3 Kilometern sein….
P.S.: Später an der Rezeption checkt eine Frau ein, während wir Kaffee trinken.
„Gehören Sie auch zu den Läufern?“ „Ne, ich spiel’ nur Minigolf“ 😀