Wonach steht dir derzeit der Sinn? Bist du gerade auf der Suche nach
einer geeigneten Route für eine sogenannte ‚FKT‘ = Fastest Known Time
oder denkst du darüber nach, etwas zu tun, was du schon immer tun
wolltest? Eine spezielle Route bei dir zuhause? Neue Wege entdecken?
Das Thema Fastest Known Time ist zurzeit gefühlt in
aller Munde. Rennen werden abgesagt, Läufer sind trotzdem auf der
Strecke unterwegs und veranstalten so ihre eigenen privaten Wettkämpfe.
Im Anschluss vergleicht man sich virutell via Bestenliste. Das hat
durchaus seinen Reiz. Am vergangenen Wochenende war ich selbst beim
Wings for Life App Run am Start und über mich selbst verwundert: Ein
paar Minuten vor dem Start, obwohl nur Handy und das virtuelle Catcher
Car mit dabei waren, war ich richtig aufgeregt. Als ich nach 15
Kilometern eine WhatsApp bekam, ich sollte doch noch mehr Gas geben, war
ich richtig motiviert und auf den letzten Kilometern lief ich am
Anschlag. Es war ein witziges Erlebnis und hat wirklich Spaß gemacht.
Ausbrechen aus dem normalen Trott….
Vernünftig bleiben, vor allem im alpinen Gelände
FKT ist aber wieder ein anderes Thema und auf die Gefahr hin,
langweilig zu klingen, möchte ich in diesem Newsletter ein bisschen an
eure Vernunft appellieren: Rennstrecken, die technisch und ausgesetzt
sind, im alpinen Gelände, sollte man nicht so auf die leichte Schulter
nehmen. Beispiel Großglockner Ultratrail: Ich war dort dreimal am Start,
die Strecke ist sehr anspruchsvoll. Beim Rennen ist man in einem
Sicherheitsnetz gefangen: Labestellen, Hütten, Bergretter, ein Team
welches das Wetter überwacht, Möglichkeiten die Strecke unterwegs
abzubrechen. Bei einer privaten Unternehmung gibt es einen Großteil
dieser Möglichkeiten nicht. Da muss alles durchgeplant sein, es braucht
Erfahrung und Streckenkenntnis. Bevor du übermotiviert los läufst, stell
dir ganz einfach die Frage:
- Bin ich der Distanz und dem Anspruch gewachsen?
- Habe ich genügend Erfahrung?
- Habe ich ausreichend trainiert?
Vergiss außerdem nicht, jemandem Bescheid zu sagen, wenn du alleine unterwegs bist!
Wir stellen im nächsten Magazin einige FKT Strecken vor, mit vielen Tipps zu Übernachtung, technischem Schwierigkeitsgrad und vielen Tipps und Tricks, die man bei so einer Unternehmung beachten sollte.
Naturerlebnis
Ich persönlich war in letzter Zeit gerne auf meiner Hausrunde unterwegs. Alle ein bis zwei Wochen laufe ich, wenn mir gerade danach ist, so schnell ich kann und versuche bei dem ein oder anderen Anstieg noch ein paar Sekunden herauszuholen. Das macht richtig Spaß, sorgt für Abwechslung und man läuft nicht Gefahr, immer auf der gleichen Runde, immer im gleichen ’Trott’ unterwegs zu sein.
Ich habe das Gefühl, dass dieses Naturbewusstsein, die Lust Abenteuer zu erleben, derzeit mindestens genauso präsent ist wie die genannten virtuellen Rennen.
Unser Sportphysiotherapeut Florian Reiter, der regelmäßig für das Magazin schreibt, hat kürzlich einen Podcast gestartet und berichtet in der letzten Folge über das Abenteuer vor der Haustür. Er ist kurzerhand 95 Kilometer gelaufen, weil ihm danach war. Chris ‚The Roc‘ von Roc-Sports, Kraftsportler, ist 80 Kilometer in Barfußschuhen gewandert.
Ich selbst habe in letzter Zeit sehr viel gearbeitet und hatte seit ein paar Tagen das Gefühl, dass mein Kopf sozusagen nicht mehr ganz am rechten Fleck war. Beim Radfahren knallte ich gegen den Lenker, bei erstellten Videos passte das Licht nicht, mir fielen Sachen hinunter… kurzum: Mir war nach einem langen Lauf. Also bin ich gestern mitten in der Nacht aufgestanden und losgelaufen. Um kurz vor 5 Uhr dämmerte es bereits, ich verstaute die Stirnlampe im Rucksack, lief langsam und vorsichtig durch den Wald und nahm den Untergrund ganz bewusst wahr. Der Sonnenaufgang war traumhaft schön und nach etwa 20 Kilometern drehte sich das Gedankenkarusell bereits ein wenig langsamer. Ich nahm mir Zeit für Fotos und auch für kleine Pausen. Gedanken an die Arbeit und alles was ich zu tun habe, wurden kleiner, das spüren bekam mit jedem Kilometer mehr Raum.
Im lockeren Laufschritt war ich unterwegs. Wenn mir danach war, wanderte ich einfach ein Stück. Ein Strava Segment habe ich niemandem weggeschnappt, einen Streckenrekord ganz sicher nicht aufgestellt. Nein, ich war ziemlich langsam am Weg. Nach etwa 80 Kilometern wäre ich zuhause gewesen. Nach knapp über 60 Kilometern ließ ich mich aber abholen, weil ich das Gefühl hatte, es war genug und ich war wieder bei mir selbst angekommen. Vor allem hatte ich ja meiner Mutter traditionell eine Sacher Torte gebacken und ich freute mich schon sehr, sehr lange auf eine gute, gemeinsame Tasse Kaffee. Die Wertschätzung für Familie, Freunde und die gemeinsame Zeit ist in den letzten Wochen ganz stark gewachsen.
Es war ein wirklich wunderbarer Tag, der einfach so passieren durfte.
In und nach dieser intensiven Corona-Zeit läuft so viel nur nebenbei: Schnell essen, schnell einen Kaffee hinunterleeren, damit man wieder wach ist, schnell die Kinder beschäftigen, 100 Sachen parallel erledigen. Ich habe das Gefühl, das beschriebene Natuererlebnis und bewusste Sein ist momentan viel wichtiger als der Streckenrekord.
Die Zeit für Bestzeiten kommt auch wieder, aber wenn Du in dich hinein fühlst und merkst: Eigentlich ist momentan alles so viel, dann warte noch ein wenig und komm erst einmal bei dir selbst an.
Sigrid
Trail Snapback Cap mit dem eigenen Namen bestickt
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