Die Letzen werden die Ersten sein? Wie ist es denn wirklich in einem Rennen Letzte zu werden?
Ich weiß es! Denn ich hatte die ganz große Ehre den Schwarzach Trail, meine Ultra-Marathontrail-Premiere gemeinsam mit der ungarischen Läuferin Szilvia Darabos und dem offiziellen Schlussläufer Klaus Bär zu beenden und zu Dritt erschöpft nach 9:45:11 Stunden knapp vor Zielschluss (10 Stunden) unter tosendem Applaus zu finishen.
Ich will und ich werde 2017 den Schwarzach Trail laufen
Jeder dem ich erzählt habe, „Ich wurde heute letzte“, meinte: „Macht doch nichts, du hast es geschafft“. Doch ich brauche keineswegs Trost! Ich bin stolz! Unendlich glücklich und stolz, bei der 19. Auflage des Schwarzach Trails im Salzburgerland dabei gewesen zu sein! Denn es war mein großer Traum seit 15 Monaten. nämlich genau dem Zeitpunkt als ich Fredl Zitzenbachers und Richard Pirngrubers UTMB Vortrag gesehen habe bei den Wienerwaldschnecken in Sulz im Wienerwald. Es war Februar 2016 und jeder der den Saal verließ meinte beeindruckt, „Ich will unbedingt den UTMB einmal im Leben laufen……“ Ich hingegen sagte entschlossen: „Ich will und ich werde 2017 den Schwarzach Trail laufen!“ Allzu viel Ultralauferfahrung hatte ich bis dato nicht. Finishte aber im Vorfeld, die Halbe Gschicht des Wien Rundumadum (64km) oder auch den FinalTrail (60km) beim 24h Burgenland Extrem. Doch diese Läufe waren allesamt flach, deshalb hatte ich enormen Respekt vor der Herausforderung der 47km und 2800 Höhenmeter, die in Schwarzach auf mich warteten.
Um mein Rennwochende optimal vorzubereiten beschloss ich, extra einen Tag früher anzureisen und die Naturschönheit des Salzburgerlandes ausgiebig zu genießen und die Seele ein wenig baumeln zu lassen. Gut gestärkt mit einem Kaiserschmarrn auf einer Almhütte im Großarltal fuhr ich nach Schwarzach zum feierlichen Empfang aller Sportler, der Startnummernausgabe. Hier traf ich prompt meinen lieben WeMove Running Teamkollegen Markus Riederer und seine Freundin Sandra, die Wienerwaldschnecken, Marianne und Walter, einige Spitzen LäuferInnen des Salomon Team Austria, sowie die Bjak Athleten Martina und Wolfgang. Die Stimmung war großartig, bei der Weinverkostung freute sich jeder aufs Rennen.
Am Wettkampftag strahlen alle Teilnehmer mit der Sonne um die Wette
Herrlicher hätte sich Schwarzach nicht präsentieren können, keine einzige Wolke am Himmel. ENDLICH ging mein großes Rennen los! Fredl ließ es sich nicht nehmen und spielte nach der Segnung des Pfarrers vor dem Start seinen emotionalsten Song ‚Conquest of Paradise‘ von Vangelis ein, den berühmten Startsong des UTMB, und ich kämpfte gerührt mit den Tränen. Gänsehaut Feeling pur. Countdown und wir liefen los! Waaas, so schnell? Puuuh, die LäuferInnen hatten alle ein flottes Tempo angeschlagen, das ich garantiert nicht halten konnte, also fand ich mich sofort im hinteren Läuferfeld wieder. Ich versuchte mein eigenes Tempo zu machen und merkte bereits bei km 2, dass meine rechte Wade nicht mitspielte. Sie machte zu. Oh no, soll mein lang ersehnter Traum bereits nach wenigen Kilometern vorbei sein? Schnell Magnesium kombiniert mit einer Salztablette, hoffentlich geht der Schuss nicht nach hinten los. Aber ich hatte Glück, das leicht krampfende Wadel ließ wieder los und ich konnte den ersten Anstieg in Richtung Goldegg wunderbar meistern. Ich lief von Beginn an mit einer Frau, die ich vorher nicht kannte, Szilvia Darabos, eine ungarische und stolze Finisherin der 120 km des Burgenland Extrem. Wow, dachte ich, so weit bin ich im Leben noch nie gelaufen, diese Lady hat Kraft! Wir liefen beinahe identes Tempo, bergauf war ich leicht vorne, bergab sie. So haben wir einander gegenseitig sicher fünfmal überholt und mussten jedes Mal lachen, denn es war klar, dieses Rennen werden wir lange gemeinsam bestreiten. KM 13 bei Bändlsee: Hier kam die erste Labestelle mit leckerem Kuchen, Obst und allem was das Herz begehrte. Hier hieß es alle Trinkflaschen aufzufüllen denn jetzt ging es gut 1800 Meter hinauf über 3 Gipfel und erst bei KM 32 nach einem langen Abstieg wartete die zweite Labestation, dazwischen gab es kaum Wasserquellen. Nun gut. Also rauf, einen langen steilen Anstieg aufs Gamskägerl. Hinter uns tauchte plötzlich ein Läufer auf, der begonnen hatte die wunderschönen und liebevoll gestalteten Holztaferln abzumarkieren….. Im Ernst jetzt? Wir waren damit tatsächlich die Letzen am Weg hinauf. Knapp nach der Meislsteinalm kamen uns zwei Läufer entgegen, sie brachen das Rennen ab, wegen Krämpfen. Uhje, dachte ich. Hoffentlich wird es mir nicht auch so ergehen. Die Anstiege wurden immer steiler, doch Klaus Bär (der offizielle Schlussläufer, der bestens ortskundig war) hat uns stets geträstet und genau angesagt wie viele Höhenmeter nach der nächsten Kehre noch auf uns warten.
Unterwegs mit dem Besenwagen
Szilvia meinte kurz, „Klaus, das ist demotivierend, wenn du hinter uns alles gleich abräumst“. Dem konnte ich aber nicht zustimmen, ich war heilfroh, dass wir unverhofft eine wahnsinnig liebe Begleitung gewonnen hatten. Zusätzlich war es interessant einmal zu sehen, wie es denn ist, wenn man das eigentliche Schlusslicht ist und wie viel Arbeit eigentlich in einem jeden solchen Rennen steckt. Die gesamte Strecke war perfekt ausgeschildert und ein Verlaufen absolut unmöglich. Auf jedem Gipfelkreuz wurden wir lautstark begrüßt von den dort wartenden Betreuern und Helfern. Unendlich liebevoll meinten sie, „Mädels, macht gemütlich, es ist heiß, ihr liegt gut in der Zeit.“ Die großzügig berechnete einzige Cutoff-Zeit bei km 32 lag bei 7 Stunden. Na, das sollten wir dann wohl doch knacken. Ich wollte unbedingt im Rennen bleiben und nicht ausscheiden müssen. Die Angst lief ein klein wenig mit. Also Zähne zusammenbeißen und hinauf aufs Hochegg und endlich auch auf den Schneeberg, den höchsten Punkt des Trails mit einem herrlichen Panorama auf den Hochkönig und die Hohen Tauern sowie den Dachstein. Unzählige weiß beschneite Gipfel ragten in den blitzblauen Himmel empor. Da musste ich immer wieder stehen bleiben um einige Fotos zu knipsen. Klaus teilte mit uns eine Wurstsemmel und seine Dose Cola, welch ein Gipfel-Festmahl! Inzwischen waren wir ein richtig eingeschworenes Trio.
Nach dem Schneeberg ging es steil bergab über einen sehr wurzeligen Weg bis zum Althaus. Die Oberschenkel brannten inzwischen gewaltig und mir tat das Hinunterlaufen sehr weh. Sorge kam kurz auf, dass wir vielleicht doch die Cut Off Zeit nicht erreichen könnten. Szilvia war von dem Down-Hill den wir uns leichter vorgestellt hatten auch nicht ganz so begeistert. Mit ihrem süßen ungarischen Akzent, schimpfte sie: „Da kann ich nicht laufen. Das ärgert mich.“ Definitiv war das für uns der schwierigste Teil des Trails. Wir erreichten mit letzten Kräften die Labestelle nur 10 Minuten vor Vier und durften im Rennen bleiben. Vor Freude machte ich einen Riesensprung den Klaus Spielbüchler, der phänomenale Eventfotograf, mit seiner Kamera festhielt. Frisch gestärkt rasten wir den weiteren Downhill hinunter und nahmen den letzten steilen Anstieg zum Hochglocker in Kauf, ca. 500 Höhenmeter. Von der Labstelle Weg begleitete uns zusätzlich noch Peter, der Schlussmountainbiker. Mah, das war aber mega nett. Es war schon wie eine richtige persönliche Eskorte. Vor Allem konnten wir neben dem stetigen Bergaufschritt immer wieder gemütlich plaudern, was von den Strapazen der eigentlichen Anstrengung des doch bereits langen zurückgelegten Weges ablenkte. Komisch, wir waren seit beinahe 8 Stunden unterwegs und ich hatte bis dato kein einziges Tief. Bester Laune gelangten wir zum letzten Gipfelkreuz und wurden abermals mit einer traumhaft schönen Aussicht belohnt!
Der nächste Abschnitt erwies sich aber als besonders zach. Downhill ist definitiv nicht meine Stärke. Wenn es unwegsam wird läuft es nicht rund und schon gar nicht nach 2600 bereits zurück gelegten Uphillmetern. Jetzt krachte er rein, der Mann mit dem Hammer. Vorbei laufend am Kloster stoß ich einige Gebete hinauf zum Himmel, mäge der Weg ins Tal nicht mehr allzu lange sein. Gott sei Dank, da waren sie, die ersten Häuser von St. Veit und damit km 42, die letzte Labestelle. Ich wusste nicht mehr recht, was ich jetzt noch zu mir nehmen soll. Mir war schon ziemlich schlecht von Salztabs, Magnesium, Iso und Gels. Neun Stunden waren um. Ich vermutete alle anderen LäuferInnen längst im Ziel. Unser Weg hingegen erschien mit noch ewig weit. In einer Stunde wird der grüne Zielbogen abgebaut werden und damit all mein Vorhaben um sonst. So knapp davor? Ich wurde innerlich unruhig. 5 km können einem in dem Moment wie ein ganzer Marathon vorkommen. Es war brütend heiß und keine Aussicht auf Schatten. Ich fand in meinem Laufrucksack der inzwischen schwer und schmerzhaft auf meinen sonnenverbrannten Schultern schmerzte mein geliebtes Mojito-Power-Gel. Das letzte Ass im ärmel. Quasi, der Zaubertrank für das Finish. Szilvia plauderte munter mit Klaus, sie war bester Laune. Ich setzte mich nach vorne ein wenig ab, musste jetzt meinen eigenen Weg gehen, und das mentale Tief zum Teufel schicken indem ich Tempo machte.
Gleich sind wir im Ziel
2 km vor Schwarzach holten mich meine beiden Weggefährten wieder ein und wir beschlossen zu dritt Händehaltend nach Schwarzach einzulaufen. Die Endorphine schossen in einer Sekunde hoch, als uns Martina und Wolfgang entgegen liefen:
„Wir holen euch ab, ihr werdet im Ziel sehnsüchtig erwartet“.
Mehr brauchte es nicht und mir liefen Glückstränen über die Wangen. Was für ein Moment, welch ein Triumph! Da sind wir, wir haben es tatsächlich geschafft! Ganz Schwarzach und Fredl warten schon, der strahlende Veranstalter klatscht einen jeden von uns ab und wir bleiben unter dem Zielbogen stehen! Bekommen die schönen Holzmedaillen umgehängt, Schwarzach Trail Finisher 2017, was für ein grandioser Empfang! Wir fühlen uns als hätten wir das Rennen gewonnen!
Mah, was soll ich noch sagen? Letzte zu werden ist etwas einmalig Sensationelles! Insbesondere auch dann wenn die tatsächlichen Sieger und Siegerinnen einem gratulieren, denn letztlich tragen wir alle das gleiche Finisher Shirt und die gleiche Medaille um den Hals. Bei der anschließenden Siegerehrung geben wir den Top Athleten all den Applaus den sie verdient errungen haben wieder zurück. So ist sie die Trailläuferwelt. Der eine wird erster, der andere letzter. Aber das Bier beim Feiern trinken wir alle wieder gemeinsam.
Schwarzach Trail, ich habe dich von erster bis letzter Sekunde lang geliebt! DANKE!
Monika Syslo
Fotos: Klaus Spielbüchler und Monika Syslo
Ergebnisse
Männer:
1. Farbmacher Thomas 04:14:01
Salomon Running Team Austria
2. Pfandlbauer Andreas 04:20:45
MammutTrailRun
3. Fister Gerald 04:33:00
Salomon Running Team – BOSO Running
Damen:
1. Schichtl Kathrin 05:26:46
Salomon Running Team Austria
2. Neumann Anja 05:52:54
Team De Bettin Sparkasse Salzkammergut
3. Fuchs Ursula 06:15:48
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