Titelbild: Johanna Hiemer
Der Beitrag erschien in einer vergangenen Ausgabe von Trailrunning Szene
Text: Silke Kranz
Sport- und Allgemeinmedizinerin in Bad Zell/OÖ
www.sportplusmedizin.at
Die Frage nach Sport in der Schwangerschaft beschäftigt mich sowohl in meiner sportmedizinischen Praxis wie auch in jener für Allgemeinmedizin. Als Hausärztin ermuntere ich meine Patientinnen dazu, Sport zu treiben, gibt es doch ausreichend wissenschaftliche Daten dazu. Das Risiko für die gefürchtete EPH-Gestose oder Schwangerschaftsvergiftung ist bei aktiven Frauen um 60 Prozent reduziert, ebenso die Entwicklung eines Schwangerschaftsdiabetes. Weitere Vorteile von körperlicher Aktivität während der Schwangerschaft sind eine erleichterte Wehentätigkeit, die schnellere Erholung nach der Geburt, die geringere Gewichtszunahme sowie weniger Rückenschmerzen und das gesteigerte Wohlbefinden durch die ausgeglichene Stimmungslage.
Ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel sollte die Intensität des Trainings reduziert werden, aerobe Belastungen (ohne Eingehen einer Sauerstoffschuld) sind weiterhin empfehlenswert. Besonderes Augenmerk sollte auf eine ausreichende Zufuhr von Kohlehydraten und das Vermeiden von Überhitzung gelegt werden. Durch die Hormone kommt es zu einer Auflockerung sämtlicher Gewebe – auch von Sehnen und Bändern – sowie einer verbesserten Beweglichkeit im Becken, was für die Geburt natürlich von Vorteil, für den Sport allerdings auch problematisch sein kann. Extreme Beschleunigungen, Stopps und Drehungen sollten daher vermieden werden. Überhaupt sollte das Verletzungsrisiko minimiert werden, Sportarten wie Reiten, Tauchen, Paragleiten, Klettern, Downhill, aber auch Mannschaftssportarten sollten besser auf später verschoben werden.
Bei Sportlerinnen sehen meine Beratungen natürlich anders aus. Die Fragestellung lautet:
Wieviel darf ich noch machen ohne mich und mein Ungeborenes zu gefährden?
Wie schon erwähnt stellen Belastungen im aeroben Bereich kein Problem dar. Durch die Zunahme des Blutvolumens und des Hämatokrit ist gerade im ersten Schwangerschaftsdrittel die Sauerstoffversorgung verbessert – der Körper stellt sich bereits um, der Fötus benötigt noch nicht so viel. Dadurch sind Frauen in dieser Phase besonders leistungsfähig. In der DDR wurden Frauen sogar vor olympischen Spielen befruchtet um diesen Effekt auszunutzen! Wie bei jeder anderen Frau sollte natürlich auch bei der Sportlerin an Überhitzung und Verletzungsrisiko gedacht werden. Wenn keine Gegenanzeigen wie Herzerkrankungen oder gynäkologische Risiken bestehen, darf und soll Sport also weiterhin ausgeübt werden! Wie schnell eine Frau nach der Entbindung wieder auf ihrem Leistungslevel ist, hängt natürlich von der Art der Geburt ab – bei einem Kaiserschnitt ist in den ersten sechs bis acht Wochen wegen des Bauchschnittes Vorsicht geboten. Danach hängt der Leistungslevel vom Energielevel von Mutter und Kind ab. Schlafmangel über Monate begünstigt den Trainingsfortschritt logischerweise kaum. Stillen stellt keine Einschränkung dar. Wenn dem Baby die „Sportmilch“ zu sauer ist, kann Mama die Milch vor dem Training abpumpen und dann im Fläschchen verfüttern.
Meine Empfehlungen:
- Rücksprache mit der/m betreuenden Frauenarzt/-ärztin, eventuell auch SportmedizinerIn und InternistIn, halten
- Hin und wieder einmal „auf Durchzug schalten“ – eine Schwangerschaft ist keine Krankheit! Außenstehende sind oftmals sehr schnell mit ihren Urteilen. Das Wichtigste ist, dass sich die werdende Mama wohl fühlt. Und was für einen „Normalo“ eine schier unmögliche Belastung darstellt, ist für eine Sportlerin vielleicht ein lockeres Training.
- Die besondersten neun Monate im Leben und auch die Zeit danach genießen und auf den eigenen Körper hören.
Text: Silke Kranz Sport- und Allgemeinmedizinerin in Bad Zell