Ich habe ein fettes Grinsen im Gesicht. Es ist Ende Juli, ein Monat vor dem Transalpine Run (TAR) und es steht ein Testbewerb am Programm. Mitten aus dem Training heraus habe ich mich entschieden, am Gletscherwelttrail im Rahmenprogramm des Großglockner Ultratrails teilzunehmen.
Gerade steige ich über das Kapruner Törl in knapp 2.600 m Seehöhe, ich scherze mit den Bergrettern und freue mich unheimlich über die zweite Hälfte des Rennens die nun anbricht. Oft schon habe ich mich gefürchtet vor den 25 km und 2.300 hm Downhill die jetzt noch auf mich warten. Viele Schmerzen, Erschöpfung und sogar weinende Läufer habe ich hier oben schon erlebt. Heute aber ist alles anders – ich spüre wie gut meine Vorbereitung der letzten Monate war.
Suche dir ein anspruchsvolles und (im ersten Moment) verrückt erscheinendes Ziel aus. Dann überlege dir wie du es schaffen könntest und was du dazu benötigst. Wenn du dafür brennst bleibt nur noch eines zu machen – TUN.
Vor gut neun Monaten habe ich mit Stefan entschieden, dass wir versuchen werden unseren Lauftraum in diesem Jahr in Erfüllung gehen zu lassen. Wir haben 2016 mit dem Trailrunning begonnen und uns seither stetig und konstant in Richtung längere Distanzen vorgewagt. Waren anfangs noch 30 km ein vermeintlich unüberwindbare Hürde, so haben wir unsere Grenzen laufend verschoben. Letztes Jahr haben wir unseren ersten 100er geknackt. Dazwischen haben wir uns in drei Tagen den Lavanttaler Höhenweg mit 160 km und 5.000 hm erlaufen und andere spannende Projekte absolviert. Der TAR war aber immer etwas Mystisches für uns. Etwas, dass wir vielleicht mal machen werden wenn wir uns bereit fühlen und wenn wir gut genug sind. Ein weit entferntes Ziel das noch auf die Erfüllung wartete.
Wie bereitet man sich als Neuling auf ein „Monster“ wie den TAR vor wenn man keine Erfahrung hat? Ganz ehrlich? Ich kann euch nur erzählen was ich so bis ein Monat vor dem Start so getan habe. Ob das gereicht hat, kann ich euch danach erzählen. Mein Fahrplan sah wie folgt aus.:
Erstens Grundlagen stark verbessern, zweitens Regenerationsfähigkeit zwischen den Tagen verbessern, drittens Downhill Fertigkeiten stärken und zuletzt Grundgeschwindigkeit und mentale Stärke beibehalten. Dabei ist mir aber eines immer besonders wichtig gewesen: Erlebnisse stärken die Motivation – Training darf auch Spaß machen.
Von Dezember bis Ende April habe ich gut 60.000 hm im Grundlagenbereich gesammelt. Die Auswirkungen sind für mich enorm. Bei langen Einheiten im Wettkampf oder Training bin ich immer wieder überrascht wieviel Power am Ende noch da ist. Gleichzeitig ist meine Verletzungsanfälligkeit stark gesunken obwohl mein Trainingspensum gut 20 Prozent höher war als bisher.
Für die Regenerationsfähigkeit habe ich immer wieder Sechstage Blöcke mit mittlerer Belastung (über der geplanten Wettkampfgeschwindigkeit) eingelegt. Heißt beispielsweise sechs aufeinanderfolgende Einheiten mit je 800 – 1.000 hm pro Tag. Spannend was das mit dem Körper macht und wie schnell er sich auf die Belastung einstellen kann. Gleichzeitig halte ich diese Einheiten enorm wertvoll für die mentale Stärke.
Schlussendlich habe ich seit Mai gezielt schnelle Downhills trainiert. Ich persönlich bin überzeugt, dass Belastungen für die Muskulatur bergab sehr oft unterschätzt werden. Hier kannst du so schnell und leicht über deine Grenzen gehen und wirst dann meist mit einem fetten Muskelkater belohnt. Und genau das ist es, was man bei einem Mehrtagesrennen vermutlich nicht haben möchte.
Zusammengefasst sehen meine harten Trainingsfakten für 2022 bisher wie folgt aus: 1.600 km am Berg, 83.000 hm up und down, 2.000 km und 15.000 hm am Rad. In Summe ca. 250 h in Bewegung.
Nun laufe ich also runter ins Kapruner Tal mit dem dicken Grinsen im Gesicht weil ich mich spitze fühle. Zugegeben, ich habe eben die 1.500 hm hinauf absichtlich ein bisschen Tempo rausgenommen und bin damit knapp aus den Top 10 rausgefallen. Mittlerweile kenne ich aber auch meine Stärken und weiß, dass ich mir noch einige vor mir „pflücken“ werde. Im Ziel steht dann der 6. Platz auf der Anzeigetafel und mir wird klar, dass da Einiges in den letzten Monaten nicht ganz verkehrt war.
Ich weiß zwar einen Monat vor dem TAR noch immer nicht ob meine Vorbereitung ideal ist. Aber ich werde euch gerne danach mehr zu erzählen haben. Eines hat sich aber verändert – plötzlich scheint auch der TAR für mich nicht mehr das große Mysterium zu sein. Heute freue ich mich schon darauf. Immer noch mit sehr großem Respekt, aber wir könnten das tatsächlich schaffen.
Am Ende bleibt mir nur folgende Botschaft. Setze dir herausfordernde Ziele, mache mit Leidenschaft das Notwendige dafür und du wächst automatisch mit der Aufgabe. Dein Glückslevel wird es dir danken!
Heinz Rucker / trailBuddys
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