[highlight]Der erfolgreiche Export-österreicher[/highlight]
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Steckbrief
Alter: 37
Wohnort: Graz
Hobbies: Laufen, Klettern, Biken, Kelltlebellern, einfach draußen sein
Erfolge
2016: 1. Platz 100 Miles of Istria 2016; 1. Platz Azores Columbus Ultra Trail (77 km)
2015: 1. Platz Chiemgau 100 Meilen (161 km), 1. Platz Chiemgau 100 Meilen (161 km), 2. Platz 100 Miles of Istria, 2. Platz Hahlici Trail
2014: 2. Platz Chiemgau 100 Meilen (161 km)
2013: 5. Platz: Sardona Ultra Trail 2013 (82 km
2012: 1. Platz Chiemgau 100 Meilen (161 km), 3. Platz: Zugspitze-Ultratrail über 100 km, 5. Platz Tenerife Ultratrail (93.15km),
2011: 1. Platz Chiemgau 100 Meilen (161 km)
5. Platz Gran Trail de Valdigne (100 km)
Weitere Details
tomwagner.at
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Mit deinen zwei sensationellen Siegen hast du einen Saisonstart der Extraklasse abgeliefert und dein Name sollte ein Begriff in der Szene sein. Aber erzähl doch ein bisschen etwas zu deiner Person.
Also ich bin österreichtypisch mit Fußball aufgewachsen, habe etwas Tennis, Eishockey, und Landhockey gespielt und bin Mountainbike gefahren. Mit 17 Jahren habe ich das Klettern für mich entdeckt und mit 18 Jahren dann die erste Enduro bzw. Motocross. Bis 2002 bin ich dann einige Langstrecken-Endurorennen (10 Std.) neben meiner Passion, dem Klettern, gefahren. 2003 habe ich dann immerhin einen 10er geklettert (8b) und zum Spaß meinen ersten und einzigen Straßenmarathon gelaufen. Mein erster Ultra war der Veitsch Grenzstaffellauf 2005 und 2006 habe ich mich erstmals beim UTMB (damals brauchte man noch keine Punkte) versucht. Meine Leidenschaft vom Klettern verschob sich eindeutig in Richtung Wegerl laufen.
Allerdings nur nebenbei, denn eigentlich verbringe ich den Tag, wie die meisten von uns, im Bürosessel. Nach meinem Studium Petroleum Engineering und einem Ausflug in die Erdälbranche, bin ich derzeit wieder auf der Universität, um meine Dissertation zu machen. Seitdem bin ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Hydrogeologie tätig. Also neben den 40-50 Std. im Büro und Gelände, versuche ich die Freizeit mit Sport und Freundin zu nutzen. Die Gefahr von übertraining besteht bei mir daher nicht so wirklich, denn ich habe genug andere Dinge in meinem Leben. Aber der ein oder andere Tag mit wirklicher Regeneration wie bei den Profis, würde sicher mal nicht schaden.
Wie hast du denn im vergangenen Winter trainiert, dass du so stark in die neue Saison starten konntest?
Also Graz ist nicht gerade ein Wintersportort, aber eben im Norden, Osten und Westen von Hügeln umgeben. Der milde Winter erlaubte mir dieses Jahr ein durchlaufen und die Ski habe ich nicht einmal aus dem Keller geholt. Einmal die Woche bin ich Bouldern gegangen und – primal fitnessa – (Kraft-/Stabi-/und Mobilitätstraining) zur Unterstützung der Winterlauferei. Seit Anfang Januar habe ich dann gezielt nach Plan von Seppi Neuhauser trainiert. Mit einigen schnellen Einheiten, die meine Beine wieder flott machen sollten. Das hat offensichtlich gut funktioniert.
Unsere Leser interessiert natürlich, wie du deinen ersten Sieg der Saison beim Azores Columbus Ultra Trail (77Km, 3400 Hm+) erlebt hast. Was ist das für ein Rennen? Sollte man unbedingt mit dabei gewesen sein?
Die Azoren, so wie ich sie erleben konnte, waren schon etwas sehr geniales. Ich durfte mit einigen Salomon Teamkollegen eine Woche vor dem Rennen anreisen und drei der Azoren Inseln laufend erkunden. Wir waren am Pico, dem höchsten Berg Portugals und sind Teilstrecken von anderen TrailLäufen der Azoren gelaufen. Ich durfte die schöne Landschaft von seiner Sonnenseite erleben. Das Rennen selbst war dann die Draufgabe. An diesem Tag wollten die Beine einfach laufen. Die abwechslungsreiche Küstenlandschaft, hat die doch teils sehr anspruchsvollen Wege rund um die Insel herum, kurzweilig gemacht und die Inselbesichtigung war schneller zu Ende, als ich gedacht hatte. Die ganze Insel war währenddes Rennens auf den Beinen und hat sich um uns Läufer gekümmert. Eine tolle Stimmung einfach. Das Gefühl als Erster einzulaufen war schon etwas Besonderes. Ob ich das Rennen empfehlen kann? Definitiv. Was gibt es Ende Februar schöneres, als etwas Meerluft zu atmen und Sonne zu tanken.
Bereits sechs Wochen später, läufst du auf das Siegerpodest beim 100 Miles of Istria, der ja eigentlich ein 105 Meiler ist, wie du so nett gesagt hast, weil es beachtliche 173 Kilometer und 7120 positive Höhenmeter sind. Und den neuen Streckenrekord stellst du ganz nebenbei auch noch auf. Was war das für ein Gefühl? Dein zweiter überragender Sieg innerhalb so kurzer Zeit.
Istrien oder generell Kroatien ist einfach immer wieder eine Reise wert. Ich fühle mich wohl dort unten. Von Graz aus, ist es auch für ein verlängertes Wochenende ideal, um früh im Jahr auf den Trails zu sein. Das Rennen ist perfekt organisiert und die Atmosphäre familiär. Letztes Jahr spielte das Wetter nicht ganz mit, aber ich hatte einen guten Eindruck von dem, was mich erwarten würde. Auch wenn 100 Meilen lang sind, darf man den Start nicht verschlafen. Ich habe gleich Tempo machen können. Ich war von Anfang an vorne dabei und das motivierte sehr. Mental war ich in Rennlaune und ein Sturz bei Kilometer 60, hat mich auch nicht wirklich aufgehalten. Dass es auf den letzten 35 Kilometern noch so gut gelaufen ist, kann ich mir trotzdem nicht erklären. Der Zielmagnet und die Angst, doch wieder eingeholt zu werden, trieben mich noch ordentlich an. Definitiv spielte auch meine Betreuung eine große Rolle; fast bei jeder Labestation hat Silke (a.k.a. meine Crew) mich versorgt und geschaut, dass ich alles habe, was ich brauche. Ein klein wenig Luxus, fast wie bei den Profis. Alles in allem ein perfektes Rennen und mit der Zeit von 19:49 Std. auf dieser Distanz, bin ich echt ziemlich happy.
Du hast einen österreichischen Pass und bist so zu sagen einer der besten Trailrunning-Exportschlager die österreich zu bieten hat. Du läufst für das deutsche Salomon Trailrunning Team. Haben wir die Chance dich wieder zurück zu bekommen?
Haha, ja ich habe einen österreichischen Pass und ich laufe für das Deutsche Salomon Trailrunning Team. Aber das hat sich damals einfach so ergeben. In österreich gab es 2012/2013 nur das Berglauf Team, in Deutschland allerdings auch ein Trailrunning Team. Nachdem ich beim Chiemgauer 2011 und 2012 die 100 Meilen gewinnen durfte, wurde Salomon Deutschland (speziell Mr. Gripmaster) auf mich aufmerksam. Beim ersten Gardasee Trailcamp vom Trail Magazin bei dem Grip und Denis natürlich dabei waren, durfte ich auch mitlaufen und dann hat sich das weiterentwickelt. Ich wurde von Salomon gefragt und habe die Chance genutzt. Mich zurückbekommen? Naja, ich sehe da keine Grenzen, weder sportlich noch geographisch. Wir teilen uns die genialen Berge sowieso alle miteinander. Ich darf für Salomon laufen; die Schuhe die das deutsche als auch das österreichische Team hat, sind die gleichen, oder?
Um konstant auf einem hohen Level zu laufen wie du es derzeit tust, musst du deinem Körper auch Gutes tun. Wie schaut deine Ernährung aus?
Naja, gute Ernährung sieht vermutlich anders aus. Aber seit 1997 bin ich Vegetarier. Auch keinen Fisch, den hab ich als Kind schon verweigert. währendmeiner Kletterzeit, habe ich sehr auf mein Essen geachtet. Aber nicht gerade auf das Gesunde, sondern nicht zu viel, um das Gewicht zu halten. Seitdem ich laufe, hat sich da viel geändert. Wenn man sich viel bewegt kann/muss man auch viel essen. Gerade als Vegetarier würde ich sagen, verdrücke ich schon mal die eine oder andere Extraportion Pizza, Pasta, Curry und Spinat mit Reis. Ich folge da meinem Bauchgefühl oder besser gesagt, meinem Hunger.
Und wenn du mal gerade nicht läufst, wie schaut ein typischer Tom Wagner Regenerationstag aus? Kannst du überhaupt die Füße still halten?
Füße stillhalten ist wirklich nicht so einfach. Aber oft endet ein trainingsloser Tag, dann in einem langen Arbeitstag. Am Montag vor dem 100 Miles of Istria wurde es z.B. ein 16 Stunden Tag, weil ein Antrag zum Abgeben war. Aber trainingslose Tage sind eher selten und es – endeta – meist in alternativen Dingen: Klettern oder eben Krafttraining. Aber der eine oder andere Cappuccino im Kaffeehaus, muss sich schon auch ausgehen.
Wir haben uns mal ein bisschen die Startlisten einiger kommender Rennen angeschaut. deinen Namen haben wir unter anderem beim Lavaredo Ultra Trail am 24. Juni im Südtiroler Cortina gefunden. Das nächste starke Rennen mit 119 Kilometern und 5.850 Höhenmetern. Was ist dein Ziel?
Ja, der Lavaredo steht auf meinem Plan. Letztes Jahr musste ich leider bei Kilometer 75 raus. Flasche leer. Die Gegend ist zauberhaft und es ist noch eine Rechnung offen. Schauen was geht.
And whatüs next?
Definitiv steht die Gesundheit im Vordergrund und nebenbei der Versuch noch etwas fitter zu werden. Es gibt mehr Rennen als Wochenenden, aber Zeit für den einen oder anderen privaten Ausflug ganz ohne Rennstress sollte bleiben. Das eine oder andere Projekt, wäre da auch noch im Hinterkopf (neudeutsch FKT). Also die Zeit nutzen und genießen, wäre der Plan.
Angenommen du wachst morgens auf und dir ist die Lust am Laufen vergangen. Was würdest du tun oder wird es das nie geben?
Weiß nicht, ob die Lust am Laufen so schnell vergeht. Aber falls das wirklich irgendwann so sein sollte, dann hätte ich beim Klettern noch die eine oder andere Route, die mich reizt.
Ich denke aber gerade die Kombination dieser zwei Sportarten (Laufen – Klettern) spricht mich an. Glen Coe Skyline ist sicherlich ein Rennen, bei dem Trailrunning im wirklich alpinen Gelände stattfindet und ich hoffe, dass ich nach dem UTMB wieder schnell regeneriert bin, um mich auf dieses Abenteuer einlassen zu können. Generell bin ich gerne im technischen Gelände unterwegs und es gibt viele – alpinerea – Wege, Grate und überschreitungen, die noch gemacht gehären. Also ganz ohne Laufen kann ich es mir momentan wirklich nicht vorstellen.
Das Interview führte Sabrina Schulze.