Startseite » Das war das Innsbruck Alpine Trailrun Festival 2019

Das war das Innsbruck Alpine Trailrun Festival 2019

von Sigrid Eder

Wenn die Beine zur Laktatparty tanzen

Welche Distanz darf es heuer sein? 85? 65? 42? Oder doch nur 25? Ich lasse (vermeintlich) die Vernunft walten und entscheide mich für die 25. Kurz vor Redaktionsschluss ist der Kopf nicht ganz bei der Sache, oder eben am Trail.

Aber eines ist fix: Innsbruck ist ein Termin, den man als passionierter Trailläufer schwer auslassen kann. Das ist, als würde man als Marathonläufer nicht beim Vienna City Marathon dabei sein wollen.

Laut Veranstalter Alex Pittl sind 3.000 Läufer am Start, das Innsbruck Alpine Trailrun Festival ist somit ausverkauft. 300 Läufer davon sind bei der langen Distanz über ca. 85 km am Start (der älteste Starter und Finisher ist sagenhafte 77 Jahre alt!), etwa 700 bei der von mir ausgewählten K25-Strecke mit 26 Kilometern und 1.000 Höhenmetern. Alle weiteren Starter verteilen sich auf den Nighttrail über 7 km, der bereits am Donnerstag stattgefunden hat, auf den Rookie Trailrun mit 15 km, den Marathon mit 42 km und den 65er.

Die Expo wird von Jahr zu Jahr größer. Ob man sich nun mit Trail Material eindeckt, sich den Trail Kalender abholt oder feines Essen von einem der Food Trucks genießt und mit Freunden die Stimmung genießt – es herrscht einfach eine lässige Atmosphäre.

Zurück zum Tag des Rennens: Die Wetterprognosen einige Tage vor dem Rennen waren schlecht, eher miserabel. Es sollte den ganzen Tag regnen und recht kalt sein. Die Läufer bei der Schupfnudelparty am Vorabend dürften brav aufgegessen haben, denn das bewahrheitet sich nicht…


5:30 Uhr am Morgen: Der Wecker klingelt, hinein in die Rennmontur und auf zum Frühstück. ‚Same procedure as on every raceday‘ – Porridge mit etwas Apfelmus, Zimt und Banane, ein Brot, dazu Kaffee und Tee, fertig. Eine Läuferin beschwert sich am Frühstückstisch, dass man ihr das bestellte Taxi nicht bestätigt habe. Sie könne doch nicht die zwei Kilometer bis zum Start gehen. Da fehlen mir glatt die Worte.
Kurz vor 7 wandere ich gemütlich vom Hotel Ramada am Tivoli in die Stadt hinein. Die Stadt erwacht, es nieselt ganz leicht und die Stimmung ist gut.

Während die Läufer des K85 bereits seit 4 Uhr morgens am Weg sind, starten um 8 Uhr die 25er und 65er gemeinsam. Über 1.000 Läufer werden sich hier in Kürze auf den Weg machen. Davor werden noch Dropbags abgegeben, Schuhe geschnürt, die Pflichtausrüstung der Rucksäcke kontrolliert und miteinander gequatscht. Auch wenn hier so richtig viele Läufer am Start stehen – das tut der gemütlichen Atmosphäre, wie man es von Trailläufen gewohnt ist, keinen Abbruch.

PENG. 8 Uhr. Der Startschuss fällt. Es geht vorbei am Goldenen Dachl, hinaus aus der Stadt. Nach etwa 1,5 Kilometern Aufwärmen im Flachen geht es schon aufwärts. Das tut weh. Während ich bei langen Ultratrails oft recht schnell in einen flotten Gehrhythmus bergauf wechsle, ‚spielt es‘ das bei einem Speedtrail nicht. Laufen ist die Devise! Der wenige Schlaf die letzten Nächte hat meine Beine zu einem Kaugummi gemacht. Ich kämpfe bergauf. Das Wetter? Als wären wir nicht in den Tiroler Bergen, sondern in den Innsbrucker Tropen. Durch den Regen in der Nacht ist es überall nass, die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Es tropft von den Bäumen, es tropft von meiner Stirn.

Sind wir schon bald oben? .. frage ich mich, doch meine Suunto 9 zeigt mir leider die gnadenlose Wahrheit: Erst 150 Höhenmeter sind geschafft. Das kann ja noch lustig werden.
Das Handy einer Mitstreiterin läutet. Dauerhaft. Gleiches Tempo, immer der gleiche Klingelton. Nach ein paar Minuten frage ich mich, ob sie den Klingelton vielleicht als Beruhigungsmusik nutzt? Bei der Hungerburg laufe ich vorbei – genug Handy-Getüdel – und irgendwann haben wir auch den ersten längeren Anstieg geschafft. Jetzt wird es flott.
Es geht zum Höttinger Bild, über feine Trails auf und ab, anschließend hinunter nach Völs. Dort ist schon etwa Halbzeit. Ein kurzes Asphaltstück, das nach den rutschigen Trails eine kurze Entspannung ist. Sogar die Sonne kommt heraus. Wer hätte das gedacht!
Die Entspannung währt aber nicht lange, nach etwa 15 Kilometern geht es wieder aufwärts Richtung Birgitz. Es steigt leicht, aber beständig. Fürs gehen ist es viel zu flach, der stetige Anstieg zehrt an den Kräften.
Kilometer 20. Birgitz. Laut Höhenprofil geht es nur noch bergab. Aber nur, wenn man das Höhenprofil nicht richtig liest. Denn viele, viele giftige Gegenanstiege sind mit dabei.

Meine Beine tanzen zur Laktatparty. Mein Magen fährt Karussell.

Wie heißt es so schön: Gedanken dürfen kommen, aber auch vorüberziehen. So versuche ich das heute mit den negativen Dingen und stelle mir vor, wie die Sonne meine Akkus auflädt. Das funktioniert super, es ist nicht mehr weit bis zum Natterer See. Ein letzter steiler Anstieg – man hört schon den Zielsprecher – noch einmal brennende Oberschenkel, sich hinaufschieben und dann ist es geschafft!
Finisher Foto und ab zur Ziellabe! Erstmal aufzuckern – ein bisschen Schokolade und Cola – und dann ab in die Dusche, mit befreundeten Läufern quatschen (denn wer ist NICHT in Innsbruck… ) und mit dem Shuttlebus retour nach Innsbruck (Organisation: Absolut perfekt).

Run Trails. Be Happy. Es ist schon etwas Besonderes, in der Trail Montur am Goldenen Dachl vorbeizulaufen.

Ich bin, wie man es so schön sagt, völlig paniert und lege mich im Hotel erstmal ins Bett. Das mit den gemütlichen 25 Kilometern war dann doch ein bisschen anders als geplant!
Und nächstes Jahr? Man munkelt, dass es angeblich eine 100-km-Strecke geben wird…. wenn dem so ist, dann ist eines fix: Innsbruck, ich komme wieder!

Alle Ergebnisse sind hier zu finden:
Raceresult Innsbruck Ergebnisse 2019


Mehr lesen

Leave a Comment