Mein erstes Mehrtagesrennen sollte in Säll stattfinden. Zufällig hab ich im Herbst 2015 den Trailer der Tour de Tirol gesehen und war sofort begeistert von dem Event. Nerväs wurde der Anmeldetag abgewartet und die Anmeldung um 00:01 Uhr abgesendet, um 2016 ganz sicher als Gesamtstarter dabei zu sein. Was auf mich zukommen würde, wusste ich nicht. Trail war bis dato nicht meine Stärke, denn eigentlich war ich bis zu diesem Zeitpunkt ein klassischer Straßenläufer.
Also ab ins Gelände und trainieren, trainieren und trainieren.
Die Bestätigungsmail war gekommen – ab zur Unterkunftssuche. Zum Glück
hatten wir im Zentrum eine Unterkunft bekommen: preisgünstig, zentral und sehr nett.
Tag 1: SäLL 10er
Wir waren ausgeschlafen und ein gutes Frühstück von der Hausherrin machte den Tag schon einmal perfekt.
Vormittag ging es hinaus, um die 10-km-Strecke zu besichtigen und sich ausmalen zu können wie es hier am Abend wird: 3 x 3,3 km und ca. 300 hm waren zu bewältigen.
Zu Mittag gab es Pizza, um 14 Uhr konnte die Startnummer im Anmeldestadl abgeholt werden. Die Nervosität stieg schon etwas. Wir trafen ein paar bekannte Gesichter und quatschten etwas; die Zeit verging überhaupt nicht. Das Wetter schien auch nicht wirklich mit uns zu wollen, aber für die 10 km sollte es nicht das große Problem werden.
Nerväs ging es nach der Warterei Richtung Start/Zielbereich. Es war wie auf dem Trailer 2015: Gänsehautstimmung, Spannung und man musste sich für heute vornehmen nicht alles zu geben. Sich hier nicht mitreißen zu lassen, sollte aber sehr schwer werden…
Der Countdown ist eines der Highlights für mich bei der Tour de Tirol, der Moderator baute gekonnt noch mehr Spannung auf. Also 10, 9, 8,…3, 2, 1 (Knall) und los geht – s. Im vorderen Drittel gestartet, ging es gleich einmal hinauf Richtung Franzlhof und danach noch weiter nach oben zum Sunnseitweg, wo die Verpflegung! für den 10er war. – Nur nicht alles gebena – , nahm ich mir vor, aber naja, wie sollte das bei einem Rennen funktionieren? Es ging wieder hinunter in den Ort, hinein in die 2. Runde. Alles schien perfekt zu laufen. Die 3. Runde nahm ich etwas Tempo raus – dachte ich zumindest – da mir bewusst wurde, dass noch 2 Tage und 65 km bevorstanden
Der Zieleinlauf bei der Kulisse war sehr schön. Echt überrascht war ich dann vom Ergebnis: 43:27,8 war doch schneller als ich gedacht hatte!
Mehr als sehr zufrieden ging es in die Unterkunft zurück.
Den restlichen Abend wurde entspannt, dann ging es Richtung Bett. nächsten Tag stand der Kaisermarathon auf dem Programm.
Tag 2: Kaisermarathon
Der erste Blick nach dem aufwachen aus dem Fenster: Hui, es regnet.
Damit musste man eben leben und das Beste daraus machen. Füße und Körper waren nach dem Säller Zehner jedenfalls fit.
Nach langem hin und her entschied ich mich dafür mit dem Rucksack zu laufen: ein zweites Shirt, die Regenjacke und etwas Verpflegung kamen hinein.
Wieder im Start/Zielbereich angekommen, stieg die Nervosität ins Unermessliche. Der Countdown ging los, mir lief es kalt über den Rücken. 3, 2, 1 (Knall) und ab ging die Post.
Auf einer Schleife von ca. 8 km ging es Richtung Hotel Alpenschlässl und teils auf die Säller 10er Strecke zurück in den Start/Zielbereich, weiter Richtung Modereralm und anschließend nach Ellmau. Mir schien es perfekt zu gehen, ich war echt motiviert und zufrieden mit dem Tempo. Bei Kilometer 13 hatte mich plötzlich etwas gestochen – ein extrem brennender Schmerz in der Kniekehle, der bis ins Ziel anhielt. Es dürfte eine Erdwespe gewesen sein, wie es sich im Nachhinein herausstellte, ich war nicht der Einzige, der ‚attackiert‘ wurde. Es half alles nichts, die Kniekehle war angeschwollen, ich folgte einfach dem Rat des Sanitäters vom Roten Kreuz und lief weiter.
Im Kopf war ich bis Kilometer 20, Rübezahl Alm, nicht ganz bei der Sache wegen dem Stich. Gut gestärkt, wie bei jeder der Top Verpflegungsstellen, ging es aber weiter. Mir wurde immer kälter da die Kleidung schon ziemlich nass war und die Temperaturen kaum 10 Grad erreichten. Darum entschloss ich mich dazu, die Kleidung zu wechseln. Ideal war da der Zeitpunkt beim Tanzboden, mit etwas Hilfe der Gäste bekam ich die Kleidung auch gewechselt, da ich es alleine mit den eiskalten Fingern nicht schaffte. Ab dort, mit trockener Kleidung, ging es mir wieder viel besser. Vorbei an den Speicherseen, die man eigentlich nur erahnen konnte, ging es von der Jochenstuben Richtung Filzalm. Bei der Jochenstuben ist die Häfte der Tour geschafft – dachte ich mir. Danach ging es endlich ein Stück bergab zum Hexenwasser. Die Verpflegungsstelle vor dem Hexenwasser motivierte noch einmal so richtig: Viele Zuschauer, Fans, Wanderer, etc. waren beim vor Ort und feuerten uns noch einmal ordentlich an. Das brauchten wir auch, denn ab dort ging es ordentlich bergauf. Eine kleine Gruppe bildete sich und wir schoben uns gegenseitig hinauf. Auf der Hopfgarten Seite der Salve fing es an zu schneien, der Wind blies uns ins Gesicht. Oh Gott – Schnee! Damit hatte ich gar nicht gerechnet!
Nach einem kleinen, eher flacheren Teil ging es nochmals zu einer Verpflegungsstelle – in einem Kuhstall! …legendär, einfach genial. Von dort war es nicht mehr weit bis ins Ziel. Die allerletzte Verpflegungsstelle ließ ich aus, ich wollte einfach nur mehr hinauf ins Ziel.
Der Zieleinlauf war vor meinen Augen, es war einfach nur a – geila – , die Leute an der Seite, die vielen Zurufe. Bei diesem Wetter war es einfach unvorstellbar, dass sich das jemand ‚antut‘ um uns anzufeuern, bei Schneefall und diesen Temperaturen.
GESCHAFFT!
Ich war sowas von glücklich.
5 Stunden und 2 Minuten war echt gut für mich, vor allem bei diesem Wetter. Die Kilometer verflogen eigentlich sehr schnell, da die Strecke so abwechslungsreich und jeder Kilometer gekennzeichnet war. Die Zeit war mir eigentlich auch egal, hätte ich keine zweite Kleidung im Rucksack mitgeführt, wäre es mir wahrscheinlich nicht gelungen zu finishen.
Alles im allen war alles gut gegangen. Also ab ins Tal mit der Seilbahn und unter die Dusche, die ich am liebsten nie mehr verlassen hätte. Ich regenerierte, so weit es möglich war und dann ging es ins Bett. Am Sonntag stand noch der Pälventrail am Programm, der uns auch noch einiges abverlangen würde.
Tag 3: Pälventrail
Diesen Tag fürchtete ich seit der Anmeldung zur Tour de Tirol am meisten. Sich noch einmal zu motivieren, aufzustehen, 23 km und ca. 1200 hm zu bewältigen. Was würden die Füße nach 52 km und ca. 2500 hm machen?
Der erste Blick war natürlich wieder der aus dem Fenster. ‚Jawohl!a – , es regnete nicht und das sollte den ganzen Tag so bleiben.Die Waden waren schon etwas hart, die Linke etwas geschwollen vom Stich beim Kaisermarathon. Nach dem Täglichen, reichlichen Frühstück ging es ans überlegen was heute mitgenommen wird. Drei Verpflegungsstellen lagen auf der Strecke. Ich entschied mich dafür, mit Rucksack und 1l getränk an den Start zu gehen.
Zum letzten Mal an diesem Wochenende marschierten wir ins Zentrum zum Start/Zielbereich. Startzeit: 09:30 Uhr. Wir starteten in 2 Wellen. Ich begab mich in Welle 1, da ich vor übermut dachte, die 10 km in 45 min. zu schaffen (das war die Anforderung für alle Läufer in Welle 1). – Schau ma mal, was geht.a –
Der Start/Zielbereich war sehr gut besucht, es dürften wahrscheinlich nicht alle in der Kirche gewesen sein.
Das letzte Mal der Countdown, 10,9,8,…3,2,1 (Knall), und ab ging es auf den Pälventrail. Die ersten 2 km waren sehr schwergängig, es ging natürlich gleich bergauf. Aber mit dem Auf-Ab-Wechsel wurde es immer besser. Teilweise dachte ich mir: Was ist heute los? Der Tag, vor dem ich mich so gefürchtet hatte, ging fast besser als die anderen beiden Tage.
Der Pälventrail ist eine echt abwechslungsreiche, wunderschöne Strecke.
Bei den kleinen rutschigen Brücken über den Bächen war oberste Vorsicht geboten. Bei Kilometer 5 ging es wieder ordentlich bergauf, beim Anblick des Anstiegs wurde mir beinahe schlecht, die Oberschenkel brannten schon sehr. Nach diesem Anstieg gab es eine längere Bergab-Passage zum Erholen. Bei Kilometer 7,5 knickte ich dann mit dem linken Knächel um und ich dachte es sei vorbei. Das war es aber nicht! Ich wollte nicht aufgeben und so kurz vor Schluss schon gar nicht.
Es ging Richtung Steinbruch, ein echtes Highlight waren die zwei Lastwagen, dazwischen ein Sprung über einen aufgeschütteten Sandhaufen.
Anschließend stand noch ein langer Anstieg bis zum Gipfelkreuz bevor, Füße, Körper und Kopf mussten durchhalten. Ich schaffte es, die Anstiege zu laufen was mich wirklich wunderte. Am Gipfelkreuz beim Juffinger Jächl angekommen kam die Sonne heraus und schien uns ins Gesicht. Bis zu den ersten Sonnenstrahlen bei der Tour mussten wir lange laufen…. Es war eine ErLösung zu wissen dass die Höhenmeter geschafft waren, jetzt standen uns nur noch 4, 5 Kilometer bis ins Ziel bevor.
Jetzt kamen endlich meine Downhills, technisch anspruchsvoll und ziemlich anstrengend, sich zu konzentrieren. Aber egal, jetzt musste ich das Rennen sozusagen nur noch nach Hause bringen.
Beim Gasthof Alpenschlässl angekommen wurden wir noch einmal motiviert und vom Moderator und den Zuschauern angefeuert.
Ein kleiner zäher Anstieg, ca. 50m, äden ich sehr verteufelte, war noch zu bewältigen. Als dieser geschafft war ging es auf Asphalt zurück in den Zielbereich.
Beim letzten Kilometer war glaube ich, der ganze Ort Säll vertreten.
Mit Gänsehaut, Tränen in den Augen, Freude und Stolz lief ich dann endlich durch den Zielbogen, mit einer stolzen Zeit von 2:21 h – GESCHAFFT, FINISH!
Eine perfekte Veranstaltung über 3 Tage ging bei der Siegerehrung zu Ende, wo wir uns alle feiern ließen.
Danke
Ein Lob und Dankeschön an den Leuten im Hintergrund, Verpflegungsstellen bei jeder Witterung, Veranstalter, – – – – !
Ein Danke meinem Bruder Andreas und Freund Mario, die auch die 3 Tage im Appartement verbracht haben und auch die Tour de Tirol finishen konnten.
Danke auch an Sigrid Huber für die Tipps und Harald Angerer (auffi muasi) für die Streckenerkundung im Sommer.
Danke auch an Martin Ditzer, Sportcube Unterweitersdorf (www.sportcube.at) für die Unterstützung.
Einen großen Dank an meine Familie die mich immer unterstützt.
Ein Dankeschön auch allen Freunden und die ich bei der Tour de Tirol kennen lernen durfte.
Hauptsache gesund und ohne gräbere Verletzungen wieder nach Hause kommen war die persönliche Vorgabe, das wurde erreicht.
UND natürlich das Finish bei der TOUR DE TIROL.
[highlight]2017 – ..wir kommen wieder !!![/highlight]
Text: Roland Killinger